Die Hörmerkspanne ist das Maß für das auditive Kurzzeitgedächtnis. Was bedeutet das? Und welche Bedeutung haben Hörmerkspanne bzw. auditives Kurzzeitgedächtnis für die Sprachentwicklung?
Das auditive Kurzzeitgedächtnis ist ein Teil der auditiven Verarbeitung und Wahrnehmung und hat die Funktion, sich gehörte Elemente (Wörter, Silben) für kurze Zeit merken zu können. Wird das auditive Kurzzeitgedächtnis überprüft, wird die Kapazität des auditiven Kurzzeitgedächtnisses als Hörmerkspanne angegeben.
Sie können Ihre eigene Hörmerkspanne überprüfen, indem Sie jemand anderen bitten, Ihnen eine unbekannte, zufällige Zahlenfolge (wie eine Telefonnummer) zu nennen. Sie wiederholen dann die Zahlenfolge direkt danach. Wie viele Zahlen können Sie sich merken und direkt, nachdem sie genannt wurden, wiederholen? Mit 5 oder auch 6 Zahlen wird es wahrscheinlich geklappt haben. Bei Zahlenfolgen, die aus mehr als 6 bis 10 Zahlen bestehen, wird die Kapazität ihres auditiven Kurzzeitgedächtnisses wahrscheinlich überschritten sein und sie können nicht mehr alle genannten Zahlen in der richtigen Reihenfolge wiedergeben.
Die Hörmerkspanne bei Erwachsenen beträgt in der Regel zwischen 6 und 8.
Sie können Ihre Hörmerkspanne auch durch das Anklicken der folgenden Audiodateien überprüfen:
Beim ersten Test, werden Sie wahrscheinlich alle Zahlen in der richtigen Reihenfolge wiederholt haben (6 Zahlen). Beim zweiten Test wird das wahrscheinlich nicht mehr so gut geklappt haben (10 Zahlen). Wenn das zutrifft liegt Ihre Hörmerkspanne zwischen 6 und 9.
Die Überprüfung des auditiven Kurzzeitgedächtnisses erfolgt bei Kindern meistens nicht über Zahlenfolgen, sondern über Silben. Dabei werden dem Kind sog. legale Nichtwörter - also Quatschwörter wie „Risolamu“ (4 Silben) oder „Pinikarakula“ (6 Silben) – vorgesprochen oder vorgespielt. Kann das Kind „Risolamu“ wiederholen, hat es eine Hörmerkspanne von mindestens 4, kann es Pinikarakula wiederholen, beträgt die Hörmerkspanne mindestens 6.
Die Kapazität des auditiven Kurzzeitgedächtnisses ist altersabhängig. Je jünger ein Kind ist, desto geringer ist die Hörmerkspanne.
Die Hörmerkspanne sollte mindestens sein: Alter minus 1. Ein 4jähriges Kind sollte daher eine Hörmerkspanne von mindestens 3 haben, ein 5jähriges Kind eine solche von mindestens 4 und so weiter. Dies gilt bis zu einem Alter von 7 Jahren. (Meistens ist die Hörmerkspanne eines Kindes größer als "Alter minus 1".) Ein 7jähriges Kind sollte somit eine Hörmerkspanne von mindestens 6 haben. Bei Erwachsenen liegt die Hörmerkspanne zwischen 6 und 8.
Was bedeutet das nun für den Spracherwerb?
Die Hörmerkspanne steht in direktem Zusammenhang mit dem Spracherwerb.
Kann die Hörmerkspanne im Rahmen der alltagsintegrierten Sprachbildung und Sprachförderung trainiert werden?
Nicht wirklich… Da es sich bei der Hörmerkspanne um das Maß für ein basales Gedächtnisphänomen (auditives Kurzzeitgedächtnis) handelt, ist dieses einem Training im Rahmen der alltagsintegrierten Sprachbildung kaum zugänglich und kann durch ein Training kaum erhöht werden. Deshalb gilt eine geringe Hörmerkspanne zwar als Risikofaktor für eine spätere Lese-Rechtschreib-Schwäche und wird zum Beispiel mit Hilfe des BISC (Bielefelder Screening) überprüft. Beim darauffolgenden Trainingsprogramm (Würzburger Trainingsprogramm, HLL) wird das auditive Gedächtnis dann aber nicht trainiert – weil es kaum trainierbar ist. – Wenn man das auditive Gedächtnis trainieren wollte, könnte man dies am ehesten durch solche Spiele wie „Ich packe meinen Koffer“.
(c) Udo Elfert 2021