Alltagsintegrierte Sprachbildung
Online- und Präsenzseminare Udo Elfert

Schweigephase beim Zweitspracherwerb


Die Schweigephase betrifft Kinder, die Deutsch (oder eine andere Sprache) als Zweitsprache erwerben. Schweigen Kinder in ihrer Erstsprache, handelt es sich entweder um eine Form von Mutismus oder um sog. "Sammler" im Rahmen des sog. nominalen Spracherwerbsstils.


Genauso wie es beim Erstspracherwerb "Jäger und Sammler" gibt, findet man diese
auch bei Kindern im Zweitspracherwerb. Die Jäger greifen die neuen Wörter auf,
verstehen sie und verwenden sie kurze Zeit später selber. Die Sammler hingegen
greifen die neuen Wörter auch auf, verstehen sie, warten aber noch ab – sammeln
vorher noch weitere Wörter – bis sie dann irgendwann sprechen. Im
Erstspracherwerb werden diese Kinder "Sammler" genannt, oder man spricht vom sog.
abwartenden Spracherwerbsstil“. 


Bei Kindern, die Deutsch als Zweitsprache erwerben, findet man zuweilen auch
solche, die erst einmal Wörter und grammatikalische Strukturen im Deutschen
sammeln, bevor sie (umfangreich) zu sprechen beginnen. Dies ist kein Hinweis auf
eine Störung
, sondern eine etwas eigene Strategie des Zweitspracherwerbs. 


Häufig zeigt sich, dass die Schweigephase überwunden wurde, indem die Kinder plötzlich
und von einem Tag auf den anderen in mehr oder weniger vollständigen Sätzen
sprechen, was von den Beteiligten dann mit Erstaunen zu Kenntnis genommen wird.
Kinder mit Deutsch als Zweitsprache, welche eine solche Schweigephase zeigen,
haben oft eine sehr gute Eigenwahrnehmung im Hinblick auf Sprache. Sie hören
sich gewissermaßen innerlich sprechen und fällen die Entscheidung mit dem
wirklichen Sprechen noch etwas zu warten – zu sammeln und zu schweigen.

Akzeptieren Sie dies, machen Sie den Kindern Sprech- und Dialogangebote, aber
setzen Sie die Kinder nicht unter Druck und fordern Sie die Kinder in der
Schweigephase nicht ständig zum Sprechen auf
.


Das Sprachverständnis ist bei Kindern in der Schweigephase gut entwickelt, zuweilen
auch außerordentlich gut. 

Ist das Sprachverständnis auch nach längerem Kontakt mit der deutschen Sprache stark eingeschränkt, ist dies ein Hinweis auf größere Probleme beim Erwerb der Zweitsprache. Dann sind im Rahmen der alltagsintegrierten Sprachbildung intensivere Sprachbildungs- /Sprachfördermaßnahmen, Beratung der Eltern und/oder Abklärung des Sprachstandes durch eine/n Arzt/Ärztin oder in der logopädischen Praxis angezeigt, vor allem, wenn möglicherweise schon eine Störung beim Erwerb der nichtdeutschen Erstsprache vorliegt.


(c) Udo Elfert 2021


Zurück zur Artikel-Übersicht