Authentizität auf Seiten der pädagogischen Fachkräfte ist die vielleicht wichtigste Vorbedingung einer wirksamen alltagsintegrierten Sprachbildung und Sprachförderung in Kitas und Kindergärten.
Was ist Authentizität?
Authentizität (auch: Authentischsein) kann übersetzt werden mit: Echtheit. Wenn ein Mensch sich authentisch verhält, dann stimmen Intention (Absicht), Inhalt und Form in der Kommunikation überein. Die Person wirkt dann in der Situation glaubwürdig, natürlich und ehrlich.
Warum ist Authentizität so wichtig für die alltagsintegrierte Sprachbildung?
Um diese Frage zu beantworten, lohnt es sich dahin zu schauen, was passiert, wenn sich jemand nicht authentisch verhält und was das beim Kind auslöst.
Wenn jemand nicht authentisch ist, dann stimmen Inhalt (des Gesagten) und Form (des Gesagten) nicht überein. (Beispiel: Jemand sagt: „Das mache ich gerne.“ Beim Aussprechen des Satzes macht die Person ein widerwilliges Gesicht.) Dies führt zu sogenannten Inkongruenzen. Inhalt und Form sind nicht kongruent, passen nicht zusammen. (Auch Ironie hat als Basis solche Inkongruenzen.) – Inkongruenzen führen beim Gesprächspartner zur Irritation.
Kinder können diese Inkongruenzen sehr gut wahrnehmen, weil sie automatisch Inhalt (die Wörter bzw. die Sprache) mit der Form (Stimme, Körpersprache) abgleichen. Wenn jemand nicht authentisch und kongruent, nicht natürlich, echt und glaubwürdig ist, dann nimmt ein Kind dies wahr.
Die Überprüfung der Kongruenz dient dem Kind dazu, zu überprüfen, ob es den Inhalt richtig verstanden hat.
Immer wenn wir Menschen irritiert werden, begeben wir uns auf die Suche nach der Ursache für diese Irritation. Kinder tun dies umso mehr. Für Kinder war dies in unserer menschlichen Vergangenheit überlebenswichtig. Wenn zum Beispiel in der Steinzeit jemand ein erschrockenes oder angewidertes Gesicht gemacht hat, war es für das Kind überlebenswichtig, danach zu schauen, ob sich vielleicht ein Säbelzahltiger oder eine Giftschlange in der Nähe befunden hat. – Kinder funktionieren heutzutage immer noch so – und wir Erwachsenen auch: Eine Irritation führt automatisch zur Suche nach ihrer Ursache. Wenn ein Kind irritiert ist und sich auf die Suche nach der Ursache der Irritation begibt, ist das Gehirn mit allem Möglichen beschäftigt, aber sicher nicht mit Sprache, neuen Wörtern und dem Erkennen von grammatikalischen Regeln.
Auch eine reduzierte Körpersprache führt beim Kind zur Irritation, weil das Kind unterschwellig immer den Inhalt des Gesagten mit der Form abgleicht, es bei einer fehlenden oder reduzierten Körpersprache aber nichts gibt, womit der Inhalt abgeglichen werden könnte.
Dies geschieht nicht nur bei Kindern. Vielleicht kennen Sie Prüfungssituationen, bei denen Sie auf eine Frage antworten und der Prüfer verzieht keine Miene, nickt nicht, gibt keine zustimmenden Laute von sich und schaut nur in die Augen. Man ist automatisch irritiert und begibt sich auch hier auf die Suche nach der Ursache für diese Irritation. Diese Suche hat nur leider nichts mit dem Prüfungsstoff zu tun…
Tipps für die alltagsintegrierte Sprachbildung
Seien Sie authentisch, natürlich, echt und glaubwürdig. Erst dann ist das Kind nicht irritiert und fühlt sich sicher. Diese Sicherheit ist einer der beiden Faktoren, die Sprachbildungsstrategien im Kita-Alltag erst wirksam machen.
(c) Udo Elfert 2021