Alltagsintegrierte Sprachbildung
Online- und Präsenzseminare Udo Elfert

Die zweite Lallphase in der Sprachentwicklung


Die zweite Lallphase lässt sich bei den meisten Kindern zwischen dem 6. und dem 10. Lebensmonat beobachten. Sie folgt auf die erste Lallphase (3. bis 6. Lebensmonat), in der die Kinder alle Sprachlaute, die grundsätzlich möglich sind, produzieren. Manchmal geht die erste Lallphase direkt in die zweite Lallphase über, manchmal gibt es zwischen den beiden Lallphasen eine kleine Phase, in denen die Kinder weniger lallen und babbeln.

In der zweiten Lallphase kommt eine Sinnesfunktion dazu, die vorher zwar schon vorhanden war, aber keine so große Rolle gespielt hat: das Hören.

In der zweiten Lallphase beginnen die Kinder genau auf das zu hören, was sie im sprachlichen Umfeld hören können. Sie versuchen dies dann zu imitieren. Dabei hören sie sich selber sprechen (vielmehr: lallen und babbeln) und sie versuchen das, was sie von sich selber hören, dem, was sie von den Bezugspersonen hören können, immer ähnlicher zu machen.

Dies hat für den sprachlichen Output zwei hörbare Folgen

  1. Die nicht-muttersprachlichen Laute, die in der ersten Lallphase noch aufgetreten sind, verschwinden während der zweiten Lallphase mehr und mehr.
  2. Die Kinder bilden Laut- bzw. Silbenketten: „bababababa“, „dadadadada“, „mamamamama“ usw.

Aus den Silbenketten bilden sich dann später (meistens um den ersten Geburtstag herum) die ersten Wörter: Aus „mamamama“ wird „Mama“, aus „babababa“ wird „Papa“ oder „Baba“ (wie im Türkischen oder Arabischen).

 

Tritt die zweite Lallphase nicht oder nur stark reduziert in Erscheinung, ist dies ein deutlicher Hinweis auf eine Hörstörung (ein Marker bzw. Orientierungspunkt in der frühen Sprachentwicklung). Den Eltern betroffener Kinder sollte dann geraten werden, das Hörvermögen überprüfen zu lassen (durch eine kinderärztliche, hno-ärztliche oder pädaudiologische Praxis). Zwar wird in Deutschland seit inzwischen vielen Jahren ein sog. „Neugeborenenhörscreening“ durchgeführt, aber nicht alle von Geburt an bestehenden Hörstörungen werden dadurch diagnostiziert und außerdem können Hörstörungen natürlich auch erst nach der Geburt in Erscheinung treten.

 











Hilfreiche Sprachbildungsstrategien und hilfreiches sprachförderliches Verhalten gestaltet sich während der zweiten Lallphase ähnlich wie während der ersten Lallphase. Es sollte zum Einsatz der ganz basalen und grundlegenden Sprachbildungsstrategien kommen:

  • Blickkontakt aufnehmen
  • Respond (Also die Tatsache, dass auf ein kindliches Verhalten – zum Beispiel das Lallen – überhaupt reagiert wird.)
  • Turn-Taking (Das Sich-Abwechseln in der Kommunikation, „Ich-bin-dran-du-bist-dran“)
  • Freundliches Gesicht, freundliche Mimik
  • Warme, weiche Stimme
  • Abwarten (Dem Kind Zeit geben, sich zu „äußern“)

Besonders wichtig sind in der zweiten Lallphase der Respond (Reaktion auf das kindliche Verhalten zeigen) und das Turn-Taking (das Sich-Abwechseln in der Kommunikation). Während die Kinder in der ersten Lallphase noch ganz viel aus sich heraus lallen, lässt sich das Kind in der zweiten Lallphase durch Respond motivieren, noch mehr zu babbeln. Außerdem steht die Entwicklung der dialogischen Kommunikation für die Kinder im Vordergrund, für die das Turn-Taking das Grundmuster ist.

  

Während der zweiten Lallphase ist für die alltagsintegrierte Sprachbildung darüber hinaus hilfreich:

  • Sprechen in der sog. „Ammensprache(also mit einer etwas erhöhten Sprechstimmlage, in einem deutlichen Sprechrhythmus und mit einer deutlichen Betonung und Prosodie)
  • Sich auf Augenhöhe begeben und räumlich nah genug am Kind sein
  • Angemessener Körperkontakt
  • Vor allem auch: Natürlichkeit, Kongruenz und Authentizität aufseiten der Bezugsperson und Förderung der Sprechfreude 


(c) Udo Elfert 2021


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